Elternbericht
Wir möchten unsere „Geschichte“ ins Netz stellen, weil wir allen Betroffenen Mut machen wollen und weil wir vor ein paar Jahren, als wir in der schweren Zeit steckten wenig Aufmunterndes finden konnten. Oft verließen wir das Internet deprimierter als zuvor. Das eigene Leid des Kindes in Verbindung mit den vielen leidenden und sterbenden Kindern da „draußen“ war kaum auszuhalten. Wo war der Erfahrungsbericht einer Familie bei denen es gut ausging, wo waren die Kinder mit Hirntumoren die überlebt hatten?
Vielleicht waren wir auch nur in den falschen Foren, aber wir schworen uns damals, dass wir andere daran teilhaben lassen wollten, wenn es unserem Kind irgendwann wieder gut gehen sollte…und bis dahin war es ein weiter und schwerer Weg. Aber nun zum Bericht:
Ihre Geschichte
Unsere Tochter kam als vermeintlich gesundes Kind im Januar 2007 auf die Welt. Mit einem Jahr bekam sie dann ihren ersten epileptischen Anfall, der uns völlig aus der Bahn warf. Sie war bis dahin doch völlig unauffällig in ihrer Entwicklung. Die Anfälle kamen dann auch recht geballt.In der schlimmsten Zeit hatte sie stündlich einen Atemstillstand von 2-3 Minuten bei vollem Bewusstsein und verbundener Todesangst.
Alle Medikamente brachten nicht den gewünschten Erfolg, die Anfälle wurden nur häufiger aber dafür kürzer.Wir waren zu der Zeit schon in der zweiten Klinik, aber beide Kliniken hatten einen Hirntumor ausgeschlossen. Es war klar, dass schnell etwas geschehen musste, weil Maja so nicht lange ohne bleibenden Schäden überleben konnte.
Wir dachten, es könnte nicht schlimmer kommen,
…aber wir wurden eines besseren belehrt. In der dritten Klinik stellte sich im Februar 2008 heraus, dass Maja einen inoperablen Hirntumor von 3cm Größe im vorderen,linken Temporallappen hatte. Die Verzweiflung, die einen in solchem Moment überfällt, ist mit Worten nicht zu beschreiben. Eltern mit einem schwerkranken Kind werden sie kennen! Wir suchten nun einen Neurochirurg, der sich zutraute Majas Hirntumor zu operieren und fanden Herrn Prof. Medorn in Kiel.
Der Gang zur Kinderonkologie war ein schwerer Weg und irgendwie warteten wir immer darauf, aus dem Albtraum aufzuwachen, aber das passierte leider nicht. Der Chefarzt dort meinte, dass es wahrscheinlich ein bösartiger Tumor sei, weil er fingerartig mit dem Gehirn verbunden war. Wir waren am Boden zerstört, machte diese Aussage die Prognose unserer Tochter noch schlechter.
Maja wurde Anfang März 2008 operiert und das Warten während der OP zerrte an den Nerven. Sie war schon mehrere Stunden länger als geplant im OP und ich spürte,dass etwas nicht stimmte. Leider hat es sich bewahrheitet. Bei der OP gab es Komplikationen durch einen Hirninfarkt. Sie konnten uns nicht sagen, ob sie jemals wieder würde sprechen, laufen, hören und sehen könnte und dazu kam die Epilepsie und der verbliebene Resttumor. Maja war von nun an Halbseitengelähmt.
Ich habe mich oft gefragt, wieviel ein Mensch aushalten kann.
Wäre da nicht unser Kind gewesen, das uns nun mehr als je zuvor gebraucht hat, wären wir sicher zusammengebrochen. Aber so gab es gar keine andere Möglichkeit, als irgendwie zu funktionieren. Die Schreie und die Verzweiflung von Maja auf der Intensivstation verfolgen mich noch heute. Das ungeduldige Warten auf das Ergebnis der Biopsie und die gleichzeitige Angst davor, das Leid in den Augen unseres Kindes, die Angst vor der Zukunft, die anderen leidenden Kinder und ihre Schicksale… alles verschmolz zu einem Alptraum.
Nach langer Wartezeit und mehreren Laboruntersuchen teilten uns die Ärzte mit, dass es wahrscheinlich ein pilozytisches Astrozytom(Grad 1) sei. Sie konnten es aber nicht mit 100%iger Wahrscheinlichkeit sagen, weil der Tumor sich nicht eindeutig klassifizieren ließ. Ein Resttumor von 1cm blieb zurück.
Maja konnte zu diesem Zeitpunkt nicht einmal mehr den Kopf halten und da es ihr jeden Tag seelisch schlechter ging, wollten wir so schnell, wie es medizinisch vertretbar war nach Hause und bekamen dort ohne Schwierigkeiten von unserer Krankenkasse eine ambulante Reha.
Durch die liebevolle Betreuung unserer Physiotherapeutin, die täglich zu uns kam und die Zähigkeit und Willensstärke unserer Tochter, ging es schnell bergauf und Maja kämpfte sich zurück ins Leben.
Endlich wieder zu Hause, im eigenen Bett zu schlafen, die Ostsee vor der Nase, es fühlte sich fast wie Glück an. Nur wohin mit der Angst, wie kann man mit der Panik vor einem Rezidiv leben und wir hatten ständig die Stimme des Chefarztes im Kopf der uns sagte, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis der Tumor wieder wachsen würde. Das Leben auf dem Vulkan (ohne zu wissen ,wann er wieder ausbricht). Alles scheint wie vorher und doch ist nichts mehr wie es einmal war…
Nun ist Maja 4 Jahre alt und in der ganzen Zeit durften wir viele Wunder, aber auch so manch einen Rückschlag erleben.Verdacht auf Rezidiv, ein erneuter epileptischer Anfall…ein Auf und Ab der Gefühle…
Heute kann Maja (trotz ihrer Lähmung) laufen und springen, sie singt und sie lacht und sie redet und sie hört…unser fröhliches, starkes kleines Mädchen:)
Das schönste und größte Wunder ereilte uns im Sommer 2010
Nach einer MRT-Untersuchung stellte sich heraus, dass der Resttumor sich auf wundersame Weise einfach in Luft aufgelöst hat. Medizinisch gesehen ist das nicht zu erklären, aber ob der Hirninfarkt daran beteiligt war oder Gott seine Finger im Spiel hatte… Wunder lassen sich eben nicht erklären und das ist auch gar nicht nötig.
Heute gilt sie als geheilt, wer hätte das für möglich gehalten. Vor 3 Jahren hätten wir alles gegeben für diese Diagnose!!! und es zeigte uns, dass Alles möglich ist, selbst ein Wunder.
Wir wünschen Euch nun die Kraft, den Alptraum durchzustehen, bei Unsicherheit auch mal eine 2te Meinung einzuholen und liebe Menschen die euch den Rücken stärken. Wir hoffen, wir konnten euch mit unserer Geschichte etwas Mut machen und danken allen, die uns in der schweren, dunklen Zeit zur Seite standen.
Majas Eltern