Die Maus und ihr Freund

Eine Tiergeschichte

Es war einmal eine Schneehöhle. Ganz rund und aus lauter weißem glitzernden Schnee gebaut. In der Schneehöhle wohnte eine Eskimofamilie, eine große Familie, Vater, Mutter, mehrere Kinder, Tanten, Großmutter und Onkel.
Die Höhle war gemütlich mit Fellen eingerichtet und es duftete nach Kamillentee.

Es war nämlich so, dass es in der Höhle, obwohl immer ein Lagerfeuer brannte, doch vom Boden her kalt war und die Eskimos oft Bauchweh hatten.

Außer den Eskimos lebte in der Höhle aber auch ein kleines Haustier, Rowi, eine rot-weiß -gestreifte Maus. Rowi liebte diesen Duft nach Kamillentee über alles, sie liebte auch das leise Klappern der Teetassen und wenn sie genügend Reis zu essen und Kamillentee zu trinken bekam war sie eigentlich glücklich. Nur, so… so auf die Dauer, als Maus allein unter lauter Eskimos. Eines Tages sagte sie zum Eskimovater: »Du, eigentlich könntest du doch noch eine Maus kaufen!«

»Nein, nur das nicht!« sagte der Eskimovater, zwei Mäuse in meiner Höhle, nein, das will ich nicht, das ist mir zu viel!«

»Aber ich« sagte Rowi, »ich brauche einen Freund«.

Und so packte sie Kamillentee und Reis in ihre Reisetasche ein — man konnte ja nie wissen, was so alles kommt — und verließ die Eishöhle.

Während Rowi noch vor der Eishöhle herumschaute und darüber nachdachte, wohin sie eigentlich gehen wollte, kam doch tatsächlich der Wunder-Reisebus daher. Silbrig blau, mit rosa Punkten. Schnell schlüpfte Rowi hinein, trippelte bis ganz vorne zu dem Busfahrer, stellte sich auf ihre Hinterpfötchen und piepste: »Bitte fahr auf dem schnellsten Weg nach New York. Ich muß dringend an die Sonne und außerdem suche ich einen Freund.«

Der Busfahrer lachte, drehte den Zündschlüssel, um den Motor anzulassen, wollte gerade den Fuß von der Bremse nehmen und losfahren, da stand plötzlich mitten auf dem Weg eine Katze, eine richtige Katze mit buschigem Schwanz, grünen Augen und spitzen Ohren.

Der Busfahrer, der sehr tierlieb war sagte: »Wir haben noch eine Verzögerung. So lange die Katze auf der Straße steht, kann ich nicht los fahren.«

Rowi aber war schon sehr ungeduldig, sie wollte nach New York und wollte endlich einen Mäusefreund haben. Sie zog ihre kleine Mäusestirn in Falten, dachte nach und hatte eine gute Idee. Mit ihrer kleinen Pfote langte sie in ihre Tasche, nahm eine Faust voll Reiskörner heraus und schleuderte sie mit aller Kraft auf die Katze. Die Reiskörner prasselten auf den Asphalt, ein paar trafen die Katze am Ohr, am Auge und auf der Nase.

»Miau, miau!« Mit einem Satz sprang die Katze vom Weg auf einen hohen Schneehaufen und schaute mit großen erschrockenen Augen auf den Bus.

Nun konnte die Reise losgehen. Der Bus fuhr und fuhr und fuhr, und als Rowi schon nicht mehr glaubte jemals ans Ziel zu kommen, da waren sie, so um die Mittagszeit in New York.

»Danke, danke!« sagte Rowi zum Busfahrer und hüpfte aus dem Bus. Draußen mußte sie die Augen zusammen zwicken, so hell schien die Sonne und Rowi fühlte die Strahlen ganz warm auf ihrem rot-weiß gestreiften Fell. Vorsichtig huschte Rowi am Straßenrand entlang, Menschenbeine, Menschenbeine, lange, kurze, große Schuhe, kleine Schuhe, stinkende und quietschende Autos und sogar Hunde, Rowi hatte Angst. Doch da, ein Metallgitter, ein Gulli und da schaute ein kleiner schwarzer Mausekopf heraus. Nur die Ohren waren und das Schnäuzchen waren rot.

»Oh, bist du schön! Rotweiß gestreift!« sagte die schwarze Maus. »Du gefällst mir!« Sie kroch vollends aus dem Gulli, »darf ich dein Freund sein?« sagte sie, und reichte Rowi das Pfötchen.

Rowi nickte nur ganz schüchtern, aber ihr neuer Freund packte sie, »Komm mit, ich weiß einen sehr schönen Spielplatz!« sagte er und bog mit Rowi um die nächste Häuserecke. Zu zweit huschten sie an einem langen hohen Haus entlang, erreichten einen Park und mitten drin einen großen sandigen Spielplatz.

Rowi fing gleich an, zu buddeln und zu graben, ihre Pfötchen waren von der langen Busfahrt ganz steif geworden. Aber dann fragte sie: »Wo sollen wir denn wohnen?«

»Komm nur mit! Ich zeigs dir!« sagte die schwarze Maus und brachte Rowi zu einem kleinen Gartenhaus. Rowi schaute herum, in der einen Ecke standen zwei kleine rote Betten, in der anderen zwei weiche Sessel, es war gemütlich.

Katharina, ihr Kuscheltier Banane und die Mutschnecke

Schnell packte Rowi ihren Reis und den Kamillentee aus und bald war das Häuschen erfüllt von feinem Kamillenduft.

Rowi und ihr Freund waren glücklich und wenn es ihnen zu still war, dann sangen sie zweistimmig: »Apfelmus, Apfelmuuuus, Apfelmus!«

Wundere dich also nicht, dass du sie, wenn du mal nach New York kommst, so singen hörst.

Diese Geschichte hat Katharina mit der Geschichtenerzählerin Helga erfunden.